Strahlend helle Mondlichtnacht. Das Jazz-Konzert war der Hammer. Der Trompeter nimmt mein Gras und gibt es mir nicht zurück. Ich muss ihn vor allen fragen, ob ich mein Gras wiederhaben kann. Die machen das oft so. Das ist so ein Hierarchie-Ding. Nebendran sitzen zwei Deutsche und einer sagt: „Gestern abend hab ich mich in meinen neuen g20 gesetzt, das hat mich so richtig geerdet und zentriert. Das ist halt noch ein Auto.“ Am Tisch gegenüber: Sie ist mit ihrem Mann und Baby da, aber ihr leicht tätowierter fuß windet sich in seiner Sandale wie eine Schlange. Nur ich kann den Fuß sehen. Er winkt mir. Er ist ihre Möglichkeit zu Flirten ohne die Familie zu betrügen. Ich sehe durch das Fenster hinaus: Ein halbnackter Jüngling steht in einem leeren Zimmer und leuchtet es mit einer Lampe aus. Einer meiner Freunde sagt vor einer schönen Frau über mich: Er hat den Grünen Daumen. Aber in Wahrheit kaufe ich nur regelmäßige frische Blumen, weil mir die alten immer eingehen. So errichte ich ein Lügengebäude. Die schöne Frau ist mit ihrem Freund hier. Er ist gar nicht ihre Liga und deswegen ultra-defensiv. Er lässt niemanden an sie ran. Daher kommt er auch jetzt zu uns und findet einen fadenscheinigen Grund, um sie wegzuziehen. Einer der Jazzmusiker trägt einen blauen Hut mit vielen kleinen bunten Püppchen drauf. Er blitzt bei der schönen Frau ab, weil ihr Freund sie wegzieht, da stellt er sich zu uns und sagt: Ich verdiene meine Brötchen als Mouleur in New Orleans. Ich mache und verkaufe Gesichtsmasken aller Art, Moulagen. Stelle mich damit auf die Bourbon Street und verkaufe sie. Ich habe Masken von Elvis und von Oprah und O.J. Simpson, aber auch von Freddy Krueger und von allen seinen Opfern. Auch von berühmten Opfern von Gewaltverbrechen. Tatsächlich habe ich mich darauf spezialisiert. Dann erzählt er von seinem Gig in China. Sie hätten in einer Geisterstadt in China gespielt. Eine riesige Stadt voller Rohbaue, die nie bezogen wurde, weil die Partei es sich irgendwann anders überlegt und wo anders die gleiche Stadt nochmal aufgebaut hat. (Er macht eine Bewegung, die dem entspricht, wie sich Amerikaner einen kommunistischen Gruß vorstellen) Dort lebt kein einziger Mensch. Nur Roboter. (Auf Nachfrage gibt er zu, dass es doch etwa dreißig Menschen gab). Nur Roboter! Die haben dort Roboterkellner! Und hier kannst du nicht mal mit Karte bezahlen! Da lacht er und schlägt sich auf die Schenkel und ein Püppchen fällt von seinem Hut herunter und meine Tüte Gras aus seinem Jackett. But when i came home… sagte er, da kam ich an einer niedergerissenen Statue von Martin Luther King Jr. vorbei (Er war anscheinend Sklavenhändler gewesen) und dachte mir: Die Revolution frisst letztendlich ihre Eltern. Wir werden abgelenkt von Geschrei in der Nähe des Aquariums, dem Herzstück des Jazzclubs in diesem Hotel. Ein Mann steht darin auf einem künstlichen Hügel und streckt eine Trophäe in die Höhe, eine Seegurke. Shirley vom Einlass (mit der nicht zu Spaßen ist) steht mit verschränkten Armen am Zugang, weswegen der Mann zu entkommen versucht, indem er ins Wasser springt und über die Scheibe klettert. Das Wasser schwappt. Er fällt zwei Meter tief, rutscht aus und ist bewusstlos. Es klatscht. Ein Irischer Polizist im Urlaub am Nebentisch zuckt nur mit den Achseln und erzählt mir, das größte was er in seiner Karriere erlebt habe, war, dass er einen Serienmörder abführen gedurft hat. Als ich nachfrage, wie das für ihn gewesen ist und ob er hinter dem Verbrecher den Menschen sehen konnte, sagt er: „We despise’em“. Da verschlechtert sich das Wetter. Ein Tornado zieht durch die Stadt, sagt man. Allgemeine Unruhe. Eine Frau, die sich in den Club rettet, berichtet, dass sie gesehen habe wie die Windhose Stromkästen ausgerissen hat und die Funken mit sich in die Lüfte gerissen hat. Ein Funkensturm sei entstanden. Es sei wunderschön gewesen. Sie habe Angst um ihr Leben gehabt. Es gibt ein Erdbeben. Das Aquarium hält stand. Doch die Fliesen im Boden springen auf, explodieren förmlich nach oben, weil der Druck die Fließen erhitzt. Ein Mann ruft laut „Josef Maria Jesus!“, aber es ist kein Hilferuf, sondern er ruft seinen Sohn, der Josef Maria Jesus heißt. Dann wache ich auf, aber so ist es ja nicht. Man sagt das nur, wenn man sich nicht weiter an den Traum erinnern kann. So wie sich auch niemand ans Einschlafen erinnern kann, kann sich auch niemand ans Aufwachen erinnern. Der Traum geht einfach weiter, und man diffundiert hinaus. Und nur weil ich mich nicht recht anstrenge, kann ich den Traum nicht wahrnehmen, kann ich nicht weitererzählen.