Wir sagen: Wohl ist „zu den Dingen zu gelangen“ die äußerste Sehnsucht der Romantiker gewesen. Und gewiss, so sagen wir, hat jene Sehnsucht ihren Gipfelpunkt im Ausspruch des Kontra- (oder Hyper-?) Romantikers Husserl gefunden. Doch haltet eure Pferde, rufen wir euch zu: Damit landen wir ja schon auf einer gänzlich anderen Ebene, einem freiwilligen Verzicht auf die Dinge an sich, so paradoxal das klingen mag, die Dinge an sich, welche wir ja zuallererst zu betrachten uns anschickten, unter der Last der Erkenntnis ihrer Unerkennbarkeit. War er nicht ein wenig voreilig, jener Husserl? Außer der Ratlosigkeit, was waren denn seine Gründe, fragen wir euch! Also, einen Schritt zurück!

Die Romantiker selbst hatten, unter der Ägide des weltbekannten Grafen Chandos, jenen Aufklärungswillen der Aufklärer und jenen Verständniswillen der ersten Verständniskünstler (Wissenschaftler, d. Hg.) weitertreibend, den Feldzug gegen den Schleier der Unwissenheit vor den Dingen an sich, mutigen Herzens geführt. Wie die Erkorene haben sie das Ding verbissen verfolgt; (manche würden auch behaupten, sie hätten die Erkorene wie ein Ding verfolgt) (Ja manche sogar: Sie hätten die Verfolgte mit Bissen verdinglicht). Sie fragten: Wie können wir die Dinge wirklich haben? Wie sprechen sie zu mir? Und versagt unsere Sprache nicht angesicht ihrer Unfasslichkeit?

Wir fragen: Ist dies nicht fortwährend die Problematik, die uns alle umtreibt, wenn wir das echte Leben in natürlichen Erzeugnissen suchen, wen wir das Simulakrum unseres telekommunikativen Daseins beklagen, wenn wir in allem zumindest der Rede nach weiterhin nach Authentizität suchen.

Aber hier fragen wir euch ernst und bestimmt: Suchet ihr wirklich? Nein, ihr tut es nicht. Euch gehen die Dinge ja gar nichts an; dies ist der ganze Zwecke unserer Rede, euch klarzumachen, dass ihr euch, gewiss ihr euch mit Fragen der quantenphysikalischen Konstruktion eurer Tischrepräsentationen beschäftigt, euch doch nicht im Ernste für die Dinge in ihrem Wahren Wesen interessiert. Ihr schaut nicht hin, sagen wir. Ihr wisst nichteinmal, und habt es nie versucht, eure Nase zu erblicken.

Was, fragt ihr? Wie sollen wir unsere eigenen Nasen Anblicken! Und im selben Momente wird sie euch bewusst, tritt euch der Riechkolben vor den Blick. Wie oft tut ihr diesen Blick? Wann habt ihr zuletzt über eure Nasen meditiert? Und wo ist eure kindliche Neugier geblieben bezüglich der Glaskörperchen im blauen Himmel? Als Heranwachsende dachtet Ihr noch, eure Sicht sei getrübt, doch heute müsstet Ihr doch wissen, dass ein jedes Menschenskind zu jeder Zeit und überall diese, wie der Welsche sagt, Mouches volantes sehen kann! Immer sind sie direkt vor eurer Nase, welche ihr ja, wie bereits erwähnt, ebenso borniert ignoriert! Und was was ist mit dem entoptischen Phänomen des blauen Feldes, den weißen Blutkörperchen, welche wie kleine Feuerwerke jederzeit vor euren Augen (ja, geradezu in euren Augen!) hochgehen? Und damit haben wir noch gar nicht von jenen Phänomenen zweiter Ordnung gesprochen, welche ein Nichtsehenkönnen des Nichtsehenkönnens beschreiben: Das Nichtsehenkönnen der Farben am Rande des Sichtfeldes oder das riesige Loch in der Mitte eures Sichtfeldes, welches wir den Blinden Fleck nennen.

Wir fragen: Müsstet Ihr nicht, wenn Ihr wirklich und ehrlich an den Dingen selbst interessiert wäret wie die Romantiker die ihr zu sein vorgebt, jene Phänomene aufs Genauste, unter täglicher Mühe und Kontemplation, untersuchen? Doch nichts degleichen. Ihr lebt Euer Leben und nehmt seine Konstruktion nicht wahr. Ihr bleibt im warmen Saum der Erscheinungen. Und dafür verachten sie euch – wer sollte es ihnen verübeln!