Konzepte passen sich immer an. Es macht keinen Sinn, zu sagen, dass es dieses oder jenes nicht gibt, weil Konzepte immer Behälter für etwas sind, das einer Lebenspraxis entspricht. Der Inhalt dieser Behälter ändert sich und verschiedene Teile verschiedener Lebenspraktiken werden eingeschlossen.

Niemals aber tritt der Fall ein, dass es etwas „nicht gibt“. Wie den freien Willen. Oder Gott. Man muss dann immer jeweils genauer hinschauen und sich fragen: Haben unsere Vorfahren vielleicht zu grob eingeteilt? Waren sie zu freigiebig? In den meisten Fällen waren sie das. Und das nicht ohne Grund.

Denn der Sprung von einem logischen Bereich in den anderen bedeutet Macht. Wenn ich den Gott, den wir mit Kant „moralisches Gesetz in mir“ nennen, gleichsetze mit dem Gott, den man „Schöpfer der Welt“ nennt, und dann noch klarstelle, dass ich einen Zugang zu ihm habe, ergibt sich Macht für mich. So viel ist klar.

Daher hat der Geist immer nach einem ähnlich kraftvollen Gestus verlangt, um sich dieser Ungerechtigkeit, dieser ungerechtfertigten Verbindung der nichtzusammengehörenden Entitäten zu erwehren: der Schneidetechnik der Negation. Mit ihr sprengt der Denker die beiden seiner Meinung nach nicht zusammengehörenden Teile auseinander. Freilich richtet er damit meist mehr Schaden an, als er vielleicht wollte. Aber so setzt er den dialektischen Prozess in Gang.

Hier nach Reform statt Revolte zu verlangen mag einen ethischen Sinn haben, aber dieser Mechanismus hat nichts mit Moral zu tun. Es ist vielmehr eine Logik der Aufmerksamkeitsökonomie, die der leisen Stimme die Wirkung verweigert. Hat Hegel an sein Ende der Kunst geglaubt? Fukuyama an sein Ende der Geschichte? Meist steckt hinter diesen Marketingbegriffen schon bei den Autoren selbst eine differenziertere Deutung.