In den Bäumen stecken Misteln wie Pickel, wie innere Tumore, wie Sommersprossen, wie Super-Mario-Staffage, wie künstliche Begrünung einer noch nicht von selbst ergrünten Baumlandschaft: Statt Schneekanonen Grünkanonen, abgefeuert durch Vogelanusse.

Alles ist in diesem frühen April noch nicht bereit: ich habe Glück, dass das Gras schon saftig grün ist und sich sporadisch kleine weiße Blümchen zeigen, doch ansonsten scheint es eher, als sei die Landschaft einfach noch nicht fertig geladen, als sei mein RAM-Speicher noch nicht aufgerüstet und das System verweigere sich der vollen Pracht der prozessorleistungschluckenden Simulation der Blätter.

Sound Kulisse, ja: es gibt die Vogelstimmen, gibt vereinzelt einen Storch und fern zwei Wildgänse, die im Gras auf einem Plateau lethargisch in die Leere starren.

Wenn die Sonne nicht wie bei einem permanentgemachten Coitus Interruptus (was auch immer das sein sollte, die Metapher fühlt sich halt richtig an) durch ein grauweißes Wolkenkondom versteckt würde, könnte mir der Frühlingswind nichts anhaben. So allerdings verursacht er mir kontinuierlich einen leichten Schmerz in meinen Ohren. Man hat begonnen, die großen Kieselsilos erneut grün anzustreichen. Das Grün soll besser hier in die Natur passen, aber man hat sich leider für eine Spur zu neongrün entschieden, sodass die Diskrepanz viel brutaler ins Auge sticht, als hätte man einfach Blau genommen.

Dieser Damm ist neu saniert, perfekt auf drei Stufen, sodass Baufahrzeuge jederzeit anrücken könnten um einen Dammbruch zu beheben. Diese Neuheit provinzieller Bautechnik verursacht mir durch ihre Sterilität Bauchschmerzen. Das schamlos unästhetische, mit der der Mensch hier seinen Auftrag, die Natur zu schützen, wahrnimmt, hat etwas Brutales. Doch die Altrheinlandschaft wehrt sich mithilfe ihrer inhärenten Wucherkräfte gar nicht schlecht. Ein bisschen nur muss ich hineinfahren, und sie hat mich schon.