Diesen alten sowjetischen Witz wollte ich schon lange bearbeiten. Dies ist ein erster Entwurf in Gedichtform.

Der große Kosmonaut, der erste sozusagen, stand nun derangiert im Blitzlicht einer Pressekonferenz. Die Welt hat Yuri Alexejewitsch Gagarin wieder, schließlich war er auch der erste, den sie zu entbehren hatte, bisher. Junge Russen springen ihm zur Seite, wollen ihn nur kurz berühren, eine Frage stellen, doch der Kommissar verlangt die Ruhe der Versammlung, Pressekonferenz. Sie dauert Stunden. Gagarin erzählt, was er gesehen hat. Dann: Der Schuheklopfer, erste Mann im Staate, Chruschtschow, schickt die Presseleute heim. Er hat dem Kosmonauten schon den ganzen Tag für Fotos seine Hand geliehen, nun legt er sie väterlich auf seine Brust. Kommen Sie doch noch ins Restaurant, ein Dinner für den Helden, Beetenbartsch, Sie können mir, dem Diener aller freien Menschen, nicht verwehren, mit dem Einzigen, der je die Erde von dort draußen angesehen hat, zu speisen. Selbstverständlich sagt der immer noch nicht ganz von Strahlungsschäden auskurierte Held dem Heldenvater zu und wird dem breiten Sekretär zur Rechten hingesetzt. Den ganzen Abend reden sie, man deutet eine große zukunft für den Helden an. Nach dem Essen im Abort bemerkt der Kosmonaut dann plötzlich Chruschtschow neben sich, der leise spricht: Genosse, jetzt so ganz allein zu zweit, und ohne Spitzel, sagen Sie mir doch: Da oben, haben Sie da Gott gesehen? Der Kosmonaut erschrickt und schwitzt und weiß nicht, was er sagen soll, und doch ist ihm die Antwort in den leuchtend blauen Augen abzulesen. Schamvoll sagt er: ja und nickt und schüttelt ab und schlägt die Augen nieder. Gut, sagt Chruschtschow, hatte ich mir schon gedacht. Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn das unter uns verbleiben könnte. Gagarin errötet, nickt erleichtert, und der Sekretär geht ohne Händewaschen wieder ans Gelage.

Dreißig Tage später ist der Pionier, der seinen Platz in Russlands engster Kapsel durch die einen Meter sechsundfünfzig Körpergröße sich ergattert hatte, um die ganze Welt gereist und nimmt Station im Vatikan. Der selbsternannte Vater aller Christen, Papst Johannes Dreiundzwanzig, grüßt den Helden würdevoll und ohne Fußkuss zu verlangen (eine Albernheit, von „Papa Buono“ abgeschafft). Die Italiener kochen gut, Gagarin lässt es sich gefallen. Die Spaghetti werden würdevoll im großen Käseleib geschwenkt und dann auf teuerstem Geschirr platziert. Der Kosmonaut sitzt neben Papst Johannes, wie ein Engel, der vom Himmel abgefallen ist, und kurze Zeit versteht man nicht, wer würdevoller ist. Der Vater mutet seltsam weltlich an, so neben einem Weltraumreisenden. Er scherzt zuweilen, kämpft um seine Weihefülle, Gagarin kramt etwas Schullatein heraus, was alle freut. Er muss erzählen, muss die funkelnd blaue Murmel Erde schildern, welche von den Kardinälen gleich als Wunder Gottes angepriesen wird. Der Kosmonaut kommt pflichtbewusst dem heiligen Gebot zum Widerspruch mit materialistisch-revolutionären Gegenargumenten nach. Die Erde sei ein Himmelskörper, grün und blau durch leicht verständliche Prozesse der Physik erklärbar. Allerdings hat weder er noch irgendjemand sonst in diesem Raum ein Interesse daran, diesen Grundkonflikt zu lösen, und so trägt man schnell den Nachtisch auf, Tartuffo feinster Machart aus Kalabrien. Der Abend neigt sich schnell dem Ende zu und Gagarin entschuldigt sich um kurz den Sangiovese loszuwerden. Dann, beim Wasserlassen, hört er plötzlich wie die Tür geht, und herein tritt Papst Johannes Achtundzwanzig, stellt sich neben ihn und scherzt: Von dieser Notdurft hat der Herr auch seinen ersten Diener nicht befreit. Es dauert eine Zeit, bis alle Tücher abgelegt sind, dann ergießt sich sprudelnd päpstliches Urin ins Marmorurinal. — Signiore Gagarin, hebt wie von diesem schon mit Furcht erwartet, Papst Johannes an, gestehen Sie mir doch die Frage… Zwischen den Planeten, dort im Himmel, haben Sie da Gott gesehn? Der Kosmonaut erschrickt nun abermals obwohl er diese Frage schon vermutet hatte. — Leider nein, entfährt es ihm, der seine Augen schamvoll niederschlägt. — Das hatte ich mir schon gedacht, gesteht der Papst ernüchtert, schüttelt ab und klopft dem Russen auf die Schulter. Schließlich geht er ohne Händewaschen wieder ans Gelage. — Zeit, die Raumfahrt aufzugeben, denkt sich Gagarin, ich tauge doch viel mehr zum Kampfpiloten.