In einer Dorm-Party in San Francisco im selben Jahr, ich war dort als Dozent für „verkünstelte Intelligenz“ (eine dadaistische Berufsbezeichnung, die ich wählte, um an die dortige Uni zu kommen), wurde ich Zeuge eines außerordentlichen Ereignisses: Das erste, zufällige Treffen von Trillingen, die man bei der Geburt getrennt hatte. Es waren drei Georgierinnen, die nach San Francisco zum Studieren gekommen waren. Die ganze Party horchte auf, als sich die ersten beiden begegneten. Man muss dazu wissen, dass in den 2000ern in Georgien ein übler Kinderhandel herrschte. Alle auf der Party begannen sofort darüber zu sprechen, dass die Genetik einen großen Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung habe, und dass deswegen die genetisch identischen Mädchen die gleiche Begabung für Informatik entwickelt hätten. Und als dann die dritte auftauchte, rasteten alle völlig aus und nahmen ihre Smartphones heraus und machten Tiktoks. Und dann fragte man auch die dritte genetisch identische Trillingsschwester, was sie studiere, und sie sagte, sie studiere gar nichts und verdiene ihren Lebensunsterhalt mit der Kuratierung von Porno-Videos für eine Pornoseite. Und ich weiß nicht warum, aber das hat wieder diese Empfindung in mir geweckt.

Eine andere Sache, die mich heute noch beschäftigt, ist etwas, was ich nur etwa einen Monat Später in Österreich gesehen habe. Und zwar war ich Teil einer investigativjournalistischen Aktion, die ein Netzwerk von Dorfbewohnern aufdeckte, die in ihren Kellern Migranten umbringen. Sie locken sie mit falschen Versprechungen hinein in die mit Nazimemorabilia vollgestellten österreichischen Keller und ermorden sie. Sie biedern sich ihnen sogar an, und trinken mit ihnen ein österreichisches Bier, vielleicht ein Gösser, oder ein Stiegl, ein Ottakringer, en Zipfer, ein Egger, ein Puntigamer, ein Hirter, ein Villacher, ein Murauer oder ein Schwechater, und dann bringen sie sie in ihren SM-Folterkellern um. Und wir gingen da rein, schleusten uns ein, deckten alles auf und so, das ist ja bekannt aus den Nachrichten, aber was mich wirklich fertig machte, was mich wirklich umhaute, war ein Gemälde in einem dieser Keller. Es war ein Portrait eines Indianers, eines Sioux-Kriegers, der mit einer Decke unterm Arm im Winter zu seinem Stamm zurückkehrt. Kleine Indianerkinder laufen ihm mit ausgestreckten Händen entgegen. Der Krieger schaut entschlossen, heroisch. Das Gemälde ist stümpferhaft gemalt, im Kitsch-Stil des frühen österreichischen 20. Jahrhunderts, und signiert ist es mit F.H. (eigentlich war A.H. gemeint, aber der Fälscher kannte die Frakturschrift nicht). Es sind solche Dinge, die in mir diese Empfindung wecken, die ich einfach nicht zu fassen kriege.